In dieser Bar wird kein Alkohol ausgeschenkt, dafür landen Nadeln in Armen. Was unter dem neumodischen Begriff Drip Bar zu verstehen ist und ob es sich lohnt, diesem Trend hinterherzulaufen, erfährst du in diesem Artikel.

Was ist eine Drip Bar?

Drip bedeutet Tropfen. Drip Bars sind Orte, in denen dir Nährstoff-Präparate mit Vitaminen, Aminosäuren oder Mikronährstoffen intravenös, also direkt ins Blut gespritzt werden. Eine Sitzung dauert je nach Art eine halbe bis ganze Stunde. Dabei sitzt du in angenehmer Atmosphäre wie in einem Hotelzimmer, aber mit einem Tropf am Arm wie im Krankenhaus. 

Die Idee ist klar: Ohne die Verstoffwechselung nach oraler Einnahme von Mikronährstoffen, also als Tablette, Kapsel o.Ä., ist die Bioverfügbarkeit höher. Das heißt, die Nährstoffe landen nicht erst nach der Verstoffwechselung durch Magen, Darm und Leber im Blut, wobei quasi etwas von der Ausgangsmenge verloren geht, sondern gelangen direkt zu 100 % im Blut

Ob das gut ist, ist eine andere Frage. Die Injektionen mit Vitaminen und anderen Nährstoffen sollen beispielsweise entgiften – Stichwort Detox. Doch du bist bereits mit einem großartigen Entgiftungsapparat ausgestattet -allen voran mit deiner Leber. Dazu kommen die entgiftenden Aufgaben von Darm, Nieren, Lungen und Haut.  

Möchtest du mehr zum Thema Detox erfahren, lies unseren Artikel „Detox – entleerter Körper oder entleerter Geldbeutel“.

In so einer gemütlichen Atmosphäre scheint eine Infusionstherapie angenehmer als in einem sterilen Behandlungszimmer.

Wirken die Drips aus der Bar?

Es gibt derzeit keine Studien oder Belege für diese neue ‚Gesundheitsmaßnahme‘. Die Kunden und Kundinnen, die gern immer wieder kommen, da sie sich danach erfrischt, schneller gesund oder wohler fühlen, können wissenschaftlich nicht als Beweis gezählt werden. Denn hier wird der Placebo-Effekt eine große Rolle spielen. Gerade durch die Spa-Atmosphäre, die persönliche Zuwendung, die in ärztlichen Praxen immer wieder zu kurz kommt und auch der nicht zu unterschätzende Preis können den Placebo-Effekt verstärken und so deinem Körper gut vorgaukeln, dass die Spritzen tatsächlich etwas bewirken.

Aus medizinischer Sicht sind Nährstoffgaben per Infusion nur dann notwendig, wenn ein akuter Mangel ärztlich festgestellt wurde. Dieser lässt sich dann jedoch auch in einer ärztlichen Praxis beheben und muss nicht aus eigener Tasche gezahlt werden.

Können die Drips auch schaden?

Statt eines Belegs für die positive Wirkung der Drips gibt es große Zweifel an dieser, da intravenöse Gaben nicht ausreichend untersucht sind. Hinzu kommt, dass die Regulationsmechanismen deines Körpers wie z.B. die Entgiftung durch die Leber über die direkte Gabe in Blut umgangen werden. So kann diese auch nicht einschreiten, sollte z.B. ein Mikronährstoff überdosiert sein. 

Zwar wird die tägliche Zufuhrmenge für viele Nährstoffe nach den Angaben auf den Infusionsbeuteln nicht überschritten, doch gelten diese Werte im Allgemeinen auch nur für die orale Einnahme mit daran anschließender Verstoffwechselung, wobei also nicht 100 % im Blutkreislauf landen. 

Vitamin-C-Infusionen in sehr hohen Dosierungen wird als Immun Booster beworben.

An anderer Stelle wie für das wasserlösliche Vitamin C wird die täglich empfohlene Zufuhrmenge bei Weitem überschritten. Diese liegt laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung BfR für Nahrungsergänzungsmittel (NEM) bei 250 mg. Ganz abgesehen davon, dass in Deutschland die Vitamin C-Versorgung gesichert ist, befindet sich in den Infusionsbeuteln der Drip Bars mit 7.5 g die 30-fache Dosis des Referenzwerts für NEM. Solch hohe intravenöse Dosen werden hauptsächlich an chronisch Kranken untersucht. Ob sich so eine hohe Konzentration Vitamin C im Blut noch antioxidativ verhält oder ins Gegenteil umschlägt, ist nicht abschließend geklärt. Antioxidativ bedeutet, dass etwas vor zellschädigenden Molekülen, den sogenannten ‘freien Radikalen’ schützt. Im besten Fall hast du also mit einer ‘Drip-Therapy‘ nur sehr viel Geld für vitaminreichen Urin ausgegeben. Es ist aber auch möglich, dass sich je nach deinem Gesundheitszustand Nebenwirkungen von Übelkeit über Elektrolytungleichgewichte bis zu Nierensteinen nach mehrmaligen Injektionen einstellen.

Sollte ich in eine Drip Bar gehen?

Zusammenfassend lässt sich keine Empfehlung für Drip Bars aussprechen. Fühlst du dich krank, ausgelaugt oder befürchtest du einen Nährstoffmangel zu haben, solltest du dich in ärztliche Behandlung begeben. So sparst du dir jede Menge Geld für eine nicht bewiesene und womöglich risikobehaftete Lifestyle-Behandlung.

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