Der Begriff Low Carb ist in aller Munde. In zahllosen Magazinen und Zeitschriften prangt der Begriff als Überschrift gemeinsam mit Aussagen wie ‘Ihr Weg zum Schlanksein’, ‘Genießen und Abnehmen’ oder ‘Abnehmen ohne Verzicht’. Steckt dahinter nur cleveres Marketing oder gibt es tatsächlich gute Gründe, sich mit dem Thema zu beschäftigen?
Was genau ist eigentlich „Low Carb“?
Der englische Ausdruck low carb oder low carbohydrate heißt so viel wie „wenig Kohlenhydrate“. Es geht bei dieser Ernährungsform also darum, Kohlenhydrate zu reduzieren. Diese stecken zum Beispiel reichlich in Reis, Nudeln, Kartoffeln, Brot und Haferflocken sowie in Obst und daraus hergestellten Produkten, in Hülsenfrüchten, in vielen Softdrinks und den meisten Süßigkeiten.
Ein erstes Hindernis dieser Ernährungsform ist, dass es keine klar definierte Menge an Kohlenhydraten gibt, die den Begriff „Low Carb“ ausmacht. Es gibt dafür verschiedene Einteilungen, bei denen die Spannen von 20 Gramm bis über 200 Gramm Kohlenhydrate am Tag betragen können. Low Carb ist also nicht gleich Low Carb.
Zum Vergleich: Die offiziell empfohlene Menge der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) beträgt über 250 Gramm Kohlenhydrate bzw. etwas mehr als die Hälfte der Gesamtenergie (ca. 55 %) bzw. der gesamten Kilokalorien am Tag. Die genaue Menge ist unter anderem abhängig von Geschlecht und Körpergewicht.
Welche Lebensmittel sind noch erlaubt?
Wenn die Kohlenhydrate reduziert werden, erhöht sich der Fett- und Eiweißanteil deiner Mahlzeiten. Vielleicht ist dir aufgefallen, dass die meisten der oben genannten kohlenhydratreichen Lebensmittel pflanzlich sind.
Bei der Low Carb-Ernährung rücken dafür häufig vermehrt tierische Produkte in den Vordergrund, da diese natürlicherweise wenig Kohlenhydrate, dafür umso mehr Eiweiß und Fett enthalten. Neben Fleisch, Fisch und Meeresfrüchten spielen dabei Milchprodukte und Eier eine Rolle.
Jedoch gibt es auch hier die Möglichkeit, zahlreiche pflanzliche Lebensmittel einzubauen. Dazu gehören unter anderem Nüsse und Samen, Tofu, Oliven, viele kohlenhydratarme Gemüsesorten wie Brokkoli und Spinat, Pilze, Avocados und gegebenenfalls in Maßen einige kohlenhydratärmere Obstsorten wie Beerenobst.
Wie kann ich meine Essgewohnheiten ändern?
Die Auswahl an möglichen Lebensmitteln ist also durchaus vielfältig und abwechslungsreich gestaltbar. Die Schwierigkeit ist hierbei dennoch oft die Umsetzung in die Praxis, wenn altbekannte Gewohnheiten geändert werden müssen. Warme Mahlzeiten werden meist von den typischen Kohlenhydratbeilagen wie Nudeln, Reis oder Kartoffeln begleitet. Ebenso ist die in Deutschland so bekannte Brotvielfalt bei dieser Ernährung unpassend. Die Umstellung sollte daher gut geplant sein, damit es nicht zu raschen Rückschlägen und Enttäuschungen kommt.
Bei der Umstellung deiner Essgewohnheiten hilft dir die myFoodDoctor-App von Dr. Matthias Riedl. Sie funktioniert nach dem 20:80-Prinzip mit dem du nur einen kleinen Teil deiner Essgewohnheiten anpasst. Nach und nach trainierst du dir damit neue gute Ernährungsgewohnheiten an.
Warum soll ich auf so viele Lebensmittel verzichten?
Die Hauptgründe für die Wahl dieser Ernährung sind neben der Gewichtsabnahme mehrere Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, erhöhter Blutdruck oder Fettstoffwechselstörungen, bei denen positive Effekte beobachtet werden konnten.
Mehr zum Thema gesunde Ernährung bei Diabetes und Bluthochdruck hier: Wie sieht die ideale Ernährung bei Diabetes Typ 2 aus?
Reduziert man die Kohlenhydratzufuhr sogar auf unter 50 Gramm am Tag, spricht man in der Regel von der ketogenen Diät, bei der vermehrt sogenannte Ketonkörper als Energiequelle erzeugt werden. Diese sehr strikte Variante wird auch bei kindlicher Epilepsie und bestimmten angeborenen Stoffwechselerkrankungen angewendet, sollte in diesen Fällen allerdings immer unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Weniger Appetit auf Süßes und schneller satt
Die Wirkweisen, die zu Vorteilen führen können, sind unterschiedlich. Durch den Verzicht süßer Speisen kann der Appetit auf Süßes vermindert werden. Auf der anderen Seite werden die eingesparten Kohlenhydrate durch mehr Fett- und Eiweißkonsum ersetzt, die in der Regel zu einer schnelleren Sättigung führen. Beide beschriebenen Faktoren führen letztendlich zu einer reduzierten Nahrungsaufnahme und damit meist zu weniger Kalorien und einer Gewichtsabnahme.
Bezüglich des Diabetes sind ein regulierter Blutzuckerspiegel und ebenfalls die Vermeidung einer übermäßigen Kalorienaufnahme wichtig, die beide mit dieser Ernährungsform erreicht werden können.
Gibt es Nachteile oder Schwierigkeiten bei Low Carb Diäten?
Neben den positiven Zusammenhängen gibt es häufig jedoch auch einige ungünstige Aspekte zu beachten. Zum einen ist die praktische Durchführung durch den Verzicht auf viele alltägliche Lebensmittel und den Ersatz durch sehr fettreiche Lebensmittel oftmals schon eine große Hürde. Ein Übermaß an tierischen Produkten wie Fleisch und Wurstwaren führt aus Unkenntnis pflanzlicher Fett- und Eiweiß-Alternativen schnell zu einer überschießenden Aufnahme ungünstiger Inhaltsstoffe.
Diese können dann beispielsweise eine Atherosklerose, erhöhte Cholesterinwerte oder oxidativen Stress begünstigen oder Probleme für Menschen mit Nierenproblemen darstellen. Zudem stecken in vielen der genannten kohlenhydrathaltigen Lebensmittel wertvolle Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe, auf die dann ebenfalls verzichtet werden muss.
Lohnt sich Low Carb nun oder nicht?
Zurück zur Ausgangsfrage: cleveres Marketing oder gute Gründe für Low Carb?
Viele Studien zeigen, dass eine kohlenhydratarme Ernährung im Vergleich zu einer fettarmen Ernährung, also dem Gegenteil davon, nach 12 Monaten zu einer ähnlichen Gewichtsabnahme führt und keine Vorteile aufweist.
Es kommt auf ein Defizit an Kalorien …
Am Ende zählt doch immer einzig Kaloriendefizit um abzunehmen, unabhängig ob durch viele oder wenig Kohlenhydrate. Die Datenlage zu anderen positiven Effekten durch Low Carb ist unklar, da viele erwähnte Aspekte durch die reine Gewichtsabnahme begünstigt sein könnten. Eine allgemeine Empfehlung für jeden Menschen ist daher nicht zielführend. Zudem ist die Definition von Low Carb nicht immer klar und die Umsetzung in die Praxis unterschiedlich auslegbar.
Menschen, für die diese Ernährungsform jedoch attraktiv erscheint und gut praktisch durchführbar ist, können sich gerne daran probieren. Beschriebene Effekte wie ein verminderter Appetit auf Süßes helfen nicht wenigen Menschen, Kalorien und ungünstige Lebensmittel einzusparen.
… und die Nährstoffdichte der Lebensmittel an
Entscheidend sollte immer die Auswahl und Qualität der Lebensmittel sein, sodass es zu keinem Nährstoffmangel und zu keiner erhöhten Aufnahme ungünstiger Inhaltsstoffe kommt. Und am Ende vielleicht doch lieber mehr Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und ganzem Obst und weniger einfache Kohlenhydrate aus Säften, Softdrinks und süßen Leckereien. Das gilt übrigens auch für Light- und Zero-Produkte.
Warum dieser Zucker schlecht für dich sein kann, lies gerne in der Serie von Ernährungsdoc Matthias Riedl nach: Viel zu viel vom Schlechten: Überall steckt Zucker drin
Mehr zu diesem und ähnlichen Themen: