Seit Jahrhunderten gehört Milch zur klassischen westlichen Ernährung. Weltweit betrachtet stehen wir damit aber tatsächlich recht einsam da. Milchkonsum gerät immer mehr in die Kritik. Was hat es damit auf sich? Ist Milch nun ungesund oder doch nicht?

Das Fazit vorab:

Auf die Frage, ob Milch per se gut oder schlecht ist, gibt es keine pauschale Antwort, denn jeder Körper reagiert anders. Es spielen viele Faktoren eine Rolle, wie die Dichte und Aufnahme der Nährstoffe, mögliche Krankheiten und Unverträglichkeiten, aber auch die Umwelt und ethische Faktoren. Aus gesundheitlicher Sicht sind Milch und Milchprodukte in der Regel in Maßen völlig okay. Doch gibt es gute Gründe, auf sie zu verzichten. Eine gesunde, vollwertige Ernährung kommt auch ohne sie aus.

Was macht Milch gesund?

Kuhmilch und die Produkte, die aus Kuhmilch hergestellt werden, sind reich an Proteinen und Nährstoffen wie Fettsäuren, Mineralstoffen und Vitaminen. Daher stellt Kuhmilch zum Beispiel eine gute Kalziumquelle dar. Aufgrund ihres hohen Nährstoffgehaltes zählt Kuhmilch laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) auch als Grundnahrungsmittel und nicht als Getränk. Diese Fülle an Nährstoffen hat Kuhmilch nicht ohne Grund. Sie stellt schließlich die Lebensgrundlage für das Kalb der Kuh dar.

Die biologische Wertigkeit der Proteine aus der Kuhmilch ist mit einem Wert von 88 relativ hoch. Zur Erinnerung: Die biologische Wertigkeit gibt an, wie gut der menschliche Körper das Protein verwerten kann.

Mehr zur biologischen Wertigkeit kannst du in diesem Artikel nachlesen. 

Die DGE empfiehlt 200 – 250 g Milch und Milchprodukte und zwei Scheiben (50 – 60 g) Käse täglich, besonders um den Kalziumbedarf zu decken.

Sind alle Milchprodukte gleichermaßen gesund?

In den verschiedenen Milchprodukten variiert der Gehalt an Proteinen und Fetten. Die proteinreichsten Milchprodukte sind Magerquark, Hüttenkäse oder körniger Frischkäse, griechischer Joghurt und Hartkäse wie Parmesan.

Warum Proteine so wichtig und gesund sind, erfährst du ebenfalls in diesem Artikel:  Wieso dein Körper Proteine braucht.

Einen weiteren Gesundheitsvorteil bieten fermentierte Milchprodukte wie Joghurt und Kefir, aber auch Hartkäse wie Cheddar und Parmesan. Diese wirken probiotisch. Das heißt, sie beinhalten lebende Mikroorganismen, die sich positiv auf unsere Darmgesundheit auswirken können. 

Unterscheiden können sich die Milchsorten und -produkte außerdem im Vitamingehalt. Durch das Pasteurisieren und Haltbarmachen der Milch für H-Milch gehen je nach Behandlungsstärke fünf bis  30 % der Vitamine verloren. Das bedeutet, Rohmilch hat den höchsten Vitamingehalt, der mit zunehmender Erhitzung für die Haltbarmachung abnimmt.

Sind Milchprodukte gesund oder ungesund?

Zwischen den verschiedenen Milchprodukten bestehen leichte Unterschiede für deine Gesundheit.

Was macht Milch ungesund?

Verträglichkeit

Kuhmilch ist nicht für alle Menschen geeignet, da nicht alle Menschen sie vertragen können. Neben der allgemein bekannten Laktoseintoleranz, der Unverträglichkeit des Milchzuckers, gibt es auch die „echte“ Allergie gegen das Milchprotein. Dabei ist zu erwähnen, dass Laktoseintoleranz natürlicherweise die Norm ist. Denn wird das menschliche Kind abgestillt, braucht es die Fähigkeit, Milchzucker aufspalten zu können, nicht mehr und verliert diese. Erst mit der Nutzung der Kuhmilch im nordeuropäischen Raum hat eine Mutation dazu geführt, dass Menschen Kuhmilch vertragen. Je weiter südlich man in Europa schaut, desto höher ist der Anteil der Laktoseintoleranten. In weiten Teilen Asiens und Afrikas liegt dieser bei 90 %.

Osteoporose

Oft wird Kuhmilch im Zusammenhang mit Osteoporose diskutiert. Besonders da Osteoporose häufiger in Ländern auftritt, in denen viel Milch und Milchprodukte verzehrt werden und deutlich seltener in Ländern, in denen das nicht der Fall ist. Aber Korrelation bedeutet nicht Kausalität, darum besteht in puncto Osteoporose in der Wissenschaft Uneinigkeit. Es gibt Studien, die für eine Kausalität sprechen und Studien, die diese abweisen. Als gesichert gilt ein Vorteil für die Knochendichte durch das Kalzium der Milch nur bei Kindern, nicht bei Erwachsenen. 

Fest steht hingegen, dass in Kuhmilch Wachstumshormone wie der Insulin-like Growth Factor (IGF-1) enthalten sind, die dazu gedacht sind, das Kalb schnell wachsen zu lassen. Dieses Hormon ist im menschlichen Körper identisch. Demnach ist es möglich, dass der vermehrte Milchkonsum in Kinder- und Jugendalter zu einem erhöhten Längenwachstum deiner Knochen führen kann und sie damit auch für Knochenbrüche anfälliger macht. [1]

Krebs

Da sich durch Milchkonsum größere Mengen des Wachstumshormons IGF-1 in deinem Körper befindet als üblich, ist es möglich, dass dieses auch bestimmte Zellen in deinem Körper wachsen lässt. Wachsen die Zellen unkontrolliert, sprechen wir von Krebs. Ein erhöhtes Krebsrisiko durch Milch ist durch Studien derzeit nur für Prostatakrebs belegt [2]. Auf andere Krebsarten sollen besonders fermentierte Milchprodukte sogar einen präventiven Effekt haben, wie auf Brustkrebs [3].

Autoimmunkrankheiten

Finnische Studien legen einen möglichen Zusammenhang von Milchkonsum im Säuglings- und Kleinkindalter mit dem Auftreten von Autoimmunkrankheiten wie Diabetes Typ 1 und Multipler Sklerose nahe. Der mögliche Zusammenhang besteht darin, dass Immunreaktionen gegen das körperähnliche (hohe biologische Wertigkeit) Rinder-Serumalbumin Autoimmunreaktionen gegen Proteine in der Bauchspeicheldrüse auslösen könnten [4].

mögliche Alternativen zur Kuhmilch

Wer auf Kuhmilch verzichten möchte, hat eine große Auswahl an pflanzlichen Alternativen.

Ist Milch ökologisch sinnvoll?

Die Frage, ob Kuhmilch gut oder schlecht ist, unterliegt sehr vielen Aspekten. Die direkte mögliche Beeinflussung unserer Gesundheit ist zwar wichtig, doch auch der indirekte Schaden auf die Umwelt durch den Wasser- und Energieverbrauch, den Methanausstoß der Kühe und den CO2-Ausstoß ist nicht zu vernachlässigen. Der negative CO2 Ausstoß pro Einheit produziertes Protein aus Kuhmilch ist je nach Produkt fünf bis zehn Mal so hoch wie der von pflanzlichen Proteinen aus z.B. Soja [5]. Zudem benötigt die Milchproduktion deutlich mehr Land und lässt die Meere versauern. 

Je mehr der Planet und das Klima geschädigt werden, desto schwieriger wird es, ihn zu bewohnen, auch wenn wir in Deutschland die Auswirkungen des Klimawandels deutlich weniger zu spüren bekommen als in anderen Ländern. Nachhaltigere Milchalternativen gibt es heutzutage genug auf dem Markt.

Kann ich auf Kuhmilch verzichten?

Diese nachhaltigeren Alternativen aus Soja, Hafer oder anderen pflanzlichen Ressourcen bringen jedoch meist nicht das gleiche Nährstoffprofil mit wie die Kuhmilch. Jedoch gibt es auch Sorten, denen Kalzium oder Vitamin B12 hinzugesetzt wird. Doch auch ohne Milchalternativen gibt es genügend Lebensmittel, um trotzdem genug Proteine und Kalzium zu sich zu nehmen. Kalzium findest du zum Beispiel in grünem Blattgemüse wie Spinat, Grünkohl oder Rucola, in Nüssen und Kernen, Mineralwasser, oder auch in Obst wie Orangen oder Kiwis.

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Quellen

[1] Willett, Walter C.; Ludwig, David S. (2020): Milk and Health. In: The New England journal of medicine 382 (7), S. 644–654. DOI: 10.1056/NEJMra1903547.

[2] Savaiano, Dennis A.; Hutkins, Robert W. (2021): Yogurt, cultured fermented milk, and health: a systematic review. In: Nutrition reviews 79 (5), S. 599–614. DOI: 10.1093/nutrit/nuaa013.

[3] Virtanen, S. M.; Saukkonen, T.; Savilahti, E.; Ylönen, K.; Räsänen, L.; Aro, A. et al. (1994): Diet, cow's milk protein antibodies and the risk of IDDM in Finnish children. Childhood Diabetes in Finland Study Group. In: Diabetologia 37 (4), S. 381–387. DOI: 10.1007/s001250050121.

[4] González, Alejandro D.; Frostell, Björn; Carlsson-Kanyama, Annika (2011): Protein efficiency per unit energy and per unit greenhouse gas emissions: Potential contribution of diet choices to climate change mitigation. In: Food Policy 36 (5), S. 562–570. DOI: 10.1016/j.foodpol.2011.07.003.

[5] Harrison, Sean; Lennon, Rosie; Holly, Jeff; Higgins, Julian P. T.; Gardner, Mike; Perks, Claire et al. (2017): Does milk intake promote prostate cancer initiation or progression via effects on insulin-like growth factors (IGFs)? A systematic review and meta-analysis. In: Cancer causes & control : CCC 28 (6), S. 497–528. DOI: 10.1007/s10552-017-0883-1.