Den Nutri-Score findest du mittlerweile flächendeckend im Supermarkt, seine Stärken und Schwächen haben wir bereits beleuchtet. Doch was sind die Nova-Stufen, die Food-Doc Matthias Riedl gerne anbringt?
Was sind die Nova-Stufen?
NOVA bedeutet auf Portugiesisch ‘neu’. So ist es ein neues Klassifizierungssystem von Lebensmitteln, entwickelt von einem brasilianischen Forschungsteam aus den 2010er-Jahren. Optisch ähnelt dieses Klassifizierungssystem sehr der Lebensmittelampel bzw. Nutri-Score, nur sind es hier keine Buchstaben, sondern Zahlen auf den grünen über gelben und orange bis roten Feldern. Doch der Fokus liegt nicht wie bei anderen Klassifizierungssystemen wie beispielsweise dem Nutri-Score auf der Nährstoffzusammensetzung oder dem Kaloriengehalt, sondern auf dem Grad der Verarbeitung und somit auf der Entfernung vom ursprünglichen Naturprodukt. Damit sollen die Nova-Stufen eine einheitliche Definition für neue wissenschaftliche Untersuchungen und den daraus abgeleiteten Verzehrsempfehlungen bieten. Denn oft ließen sich die Studien zu industriell verarbeiteten Lebensmitteln nur schlecht miteinander vergleichen, weil unterschiedliche Definitionen zum Verarbeitungsgrad zugrunde gelegt wurden.
Auch für dich im Alltag kann es durch Begriffe wie ‘natürlich’ zu Interpretationsschwierigkeiten kommen. Wenn wir z.B. empfehlen, stets frische oder naturbelassene Lebensmittel zu wählen, stellt sich bei manchen Produkten die Frage, ob diese denn noch ‘natürlich’ sind – so z.B. bei pflanzlichen Ölen.
Nova-Stufe 1: Unverarbeitet bis minimal verarbeitet bzw. bearbeitet
Die erste Stufe beschreibt hier die sozusagen natürlichsten Lebensmittel. Das umfasst alle essbaren Teile von Pflanzen und Tieren wie Samen, Früchte, Blätter, Stängel, Wurzeln oder Muskeln, Innereien, Eier, Milch, aber auch alle essbaren Teile von Pilzen. Bei den Getränken zählen Wasser, Kaffee und ungesüßter Tee in diese Kategorie.
In dieser Nova-Stufe sind nur minimale Verarbeitungsschritte zum Genießbarmachen oder Haltbarmachen der Lebensmittel und zur Vorbereitung zum Lagern erlaubt. Dazu zählen die Entfernung ungenießbarer oder unerwünschter Anteile, die Trocknung, Zerkleinerung, Mahlung und Zerteilung, die Filterung, Röstung und das Kochen sowie die alkoholfreie Gärung und die Pasteurisierung, Kühlung und das Gefrieren sowie das Einlegen und Vakuumverpacken.
Kurz gesagt sind das Obst, Gemüse, Fleisch, Eier und Milch. All diese Lebensmittel sollten nach dem Nova-System die Basis deiner Ernährung bilden.
Nova-Stufe 2: Verarbeitete Zutaten
Diese Stufe beschreibt die Lebensmittel, die wahrscheinlich die meisten Probleme bei der intuitiven Einordnung in die Kategorien ‘natürlich’ oder ‘nicht natürlich’ bereitet hätten. Hierbei handelt es sich um solche Lebensmittel, die du wohl eher nicht einzeln zu dir nehmen würdest, sondern um Koch- oder Backzutaten wie z.B. Öl, Butter, Honig, Zucker und Salz. Sie sollen dem Essen Konsistenz oder Geschmack verleihen.
Diese Zutaten werden durch Verarbeitungsschritte wie durch Pressen, Raffinieren, Zerkleinern, Mahlen und/oder Trocknen gewonnen und haltbar gemacht. Die Verzehrempfehlung dieser Stufe lautet, dass du sie in geringen Maßen zur Zubereitung frischer Speisen nutzen solltest.
Nova-Stufe 3: Verarbeitete Lebensmittel
Die nächsthöhere Verarbeitungsstufe sind Lebensmittel, die aus Kombination durch Kochen oder Backen der Lebensmittel aus den Nova-Stufen 1 und 2 gewonnen wurden und aus drei bis vier Zutaten bestehen. Dabei können auch weitere Konservierungsschritte wie das Räuchern oder Pökeln zum Einsatz gekommen sein. Auch fermentierte Lebensmittel gehören in diese Kategorie.
Beispiele sind hier gebackenes Brot und Brötchen, gereifter Käse sowie Gemüse-, Obst- und Fischkonserven. Diese solltest du ähnlich wie die Lebensmittel der Nova-Stufe 2 nur in begrenztem Maße mit den Lebensmitteln der Stufe 1 und 2 kombinieren, also in geringen Mengen zu frischen Speisen hinzugeben.
Nova-Stufe 4: Hoch verarbeitete Lebensmittel
Unter diese Stufe fallen sämtliche verzehrfertige Fertiglebensmittel wie Instantgerichte, Süßigkeiten, Soft-Drinks, aber eben auch Wurst- und Fleischwaren, Fischprodukte wie z.B. Fischstäbchen und Tiefkühlgerichte wie Tiefkühlpizzen, -Lasagne o.Ä. Alles, was Zusatzstoffe wie Süßungsmittel, Konservierungsstoffe, Farbstoffe, also alles, was eine E-Nummer hat und Extrakte enthält, wird zu der Kategorie der hoch verarbeiteten Lebensmittel gezählt. Sie sind lange haltbar, verzehrfertig, industriell hergestellt und sollen den Käufern und Käuferinnen der Bequemlichkeit dienen. Früher wurde dafür auch oft der Begriff der ultrahochverarbeiteten Lebensmittel genutzt.
Zwar ist das die wohl größte Gruppe der im Supermarkt zu findenden Produkte, dennoch gilt es, diese zu meiden, wie Dr. Matthias Riedl auch regelmäßig warnt. Denn je höher der Verarbeitungsgrad ist, desto höher ist auch der Anteil an ungünstigen Inhaltsstoffen und desto geringer der Ballaststoffanteil und deine Sättigung. Aktuelle Studien zeigen auch, je mehr du von diesen Lebensmitteln zu dir nimmst, desto stärker erhöht sich dein Risiko für chronische Krankheiten wie Adipositas oder Diabetes mellitus Typ 2. Außerdem gibt es Hinweise auf steigende Sterblichkeit und ein höheres Krebsrisiko, je mehr Produkte dieser Kategorie du zu dir nimmst.
Fazit
Es ist generell sinnvoll, Lebensmittel nach dem Grad ihrer Verarbeitung zu ordnen. So lassen sich die Risiken verschiedener Lebensmittelkategorien in Zukunft besser einschätzen. Auch du hast so ein besseres Gefühl für den potentiell gesunden oder ungesunden Effekt deiner Nahrungswahl. Denn mit jedem Verarbeitungsschritt können entweder sinnvolle Inhaltsstoffe wie Vitamine oder sekundäre Pflanzenstoffe durch Erhitzen oder beispielsweise Behandlung mit Druck entfernt werden bzw. zerstört werden oder im genauen Gegenteil auch ungünstige Inhaltsstoffe wie Zucker, Sonnenblumenöl, oder Zusatzstoffe hinzugefügt werden.
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