Warum bin ich dick? Hast du dir die Frage auch schon gestellt? Tatsächlich sind fast alle unserer Patienten im Medicum zu dick. Etwa ein Drittel davon sind massiv übergewichtig. Das ist eine der Ursachen von Diabetes und anderen ernährungsbedingten Krankheiten. Es zeigt sich immer wieder deutlich: Übergewicht ist die Geißel überhaupt in Deutschland. Aber was sind die Ursachen von Übergewicht? Bist du selbst schuld, wenn du nicht abnehmen kannst?
Nach Angaben der Deutschen Allianz für nichtübertragbare Erkrankungen sind 90 Prozent der Erkrankungen, die Ärzte in ihren Praxen behandeln, verhaltensbedingt. Davon ist Ernährung der wichtigste Einzelfaktor, der deutlich mehr als die Hälfte aller Patienten krank macht. Das sind Zahlen, die ich in meiner langjährigen Erfahrung bestätigen kann. Ärzte beschäftigen sich also fast ausschließlich mit den Folgen falscher Ernährung.
Ursachen von Übergewicht: Ist Dicksein immer ungesund?
Wir sind lange davon ausgegangen, dass es unter den Übergewichtigen auch viele “Happy Obese” gibt, die glücklichen Dicken, die sich in ihrem Körper wohlfühlen und keine Beschwerden haben. Aber mittlerweile wissen wir es besser. Übergewicht ist immer ungesund. Es belastet den Organismus immer.
Menschen sind zwar unterschiedlich empfindlich für Folgeschäden. Aber irgendwann wird auch der glückliche Übergewichtige Gelenkbeschwerden und andere Erkrankungen bekommen. Deshalb ist jedes Übergewicht, auch wenn man noch keine Folgeschäden hat, ein guter Grund, die Kilos zu reduzieren. Das senkt das Risiko für Folgeerkrankungen erheblich.
Aber zu wissen, dass man abnehmen sollte, bringt auch immer die Frage nach dem Wie mit sich. Dabei frustrieren viele, die versuchen abzunehmen und scheitern, weil sie sich selbst die Schuld für ihren Misserfolg geben.
Ein undiszipliniertes Essverhalten ist aber nicht immer der Grund dafür. Das mag hier und da zutreffen, aber es erfasst das ganze Ausmaß des Problems bei Weitem nicht. Es gibt viele Ursachen von Übergewicht.
Die Lebensmittelbranche begünstigt Übergewicht
Wir leben in einer ernährungsfeindlichen Umgebung. 80 bis 90 Prozent der Lebensmittel, die in unseren Supermärkten angeboten werden, machen uns krank. Oft haben wir ein Überangebot von Kohlenhydraten, die nichts weiter sind als billiger Brennstoff ohne wirklichen Nährwert. Meist auch noch aus hoch verarbeiteten Mehlen.
Gleichzeitig verbringt der Durchschnittsdeutsche einen Großteil seines Tages sitzend. Wir brauchen diesen Brennstoff aus Kartoffeln, Nudeln, Reis und Brot also gar nicht und setzen ihn an, statt ihn zu verbrennen.
Das gleiche gilt für überzüchtetes Obst, wie Bananen. Die haben einen sehr hohen angezüchteten Zuckeranteil. Mit Bananen und anderem Obst kann man sich am Fruchtzucker dick essen.
Lies dazu auch diesen Artikel: Zu viel Fruchtzucker: Wie gesund ist Obst eigentlich?
Aus anderen Lebensmitteln werden Bitterstoffe systematisch herausgezüchtet, um den Geschmack zu verbessern. Aber damit geht auch die appetitzügelnde Wirkung dieser Bitterstoffe verloren.
Unsere Ernährung ist also stark ökonomisch geprägt. Das Angebot fördert Übergewicht. Die Standardeinstellung in unserer Ernährung ist ungesund. Der Einzelne muss bewusst gegen den Strom schwimmen, um den vielen Fallen aus dem Weg zu gehen. Es geht aber auch anders.
Artgerechte Ernährung ist überall normal, nur beim Menschen nicht
Wenn wir etwas herauszoomen und unsere Ernährung im größeren Kontext ansehen, entdecken wir Erstaunliches: Biologisch betrachtet sind wir als Säugetiere und Primaten Teil eines größeren Ökosystems. Jede Tierart ernährt sich intuitiv artgerecht.
Die vergleichende Verhaltensbiologie hat herausgefunden, dass jede Tierart immer das für ihre Art richtige Verhältnis von Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten zu sich nimmt. Das hat man zunächst bei Insekten festgestellt und später auch bei Schimpansen und anderen Arten.
Dieses Verhältnis verändert sich von Tierart zu Tierart, aber innerhalb einer Art ist es immer gleich. Dasselbe gilt auch für uns. In unserer Konsumgesellschaft haben wir dieses artgerechte Verhältnis aber schon längst verlassen. Das ist eine der Ursachen von Übergewicht.
Andere Gesellschaften ernähren sich noch artgerecht. In einigen Gebieten um das Mittelmeer herum oder auf der japanischen Insel Okinawa zum Beispiel und in vielen Naturvölkern ernähren sich die Menschen nach diesem perfekten Mix.
Bemerkenswert ist, dass es in diesen Gesellschaften oft einen überproportionalen Anteil an über 100-Jährigen und einen Diabetes-Typ-2-Anteil von nahezu Null gibt. Was uns Menschen gesund macht und gesund hält, ist die Basis der Ernährung.
Kann ich mich glücklich essen?
Gemüse ist unsere wichtigste Nahrungsmittelsorte. Davon sollten pro Tag je nach Körpergewicht um die 400 Gramm auf den Teller. Das nährt nicht nur unseren Körper, sondern hat auch andere Effekte.
Wir wissen, dass Gemüse uns positiver stimmt. Wer gut drauf ist, der ist auch eher bereit, sich mehr zu bewegen. Und wer wiederum mehr Sport macht, der hat auch mehr Kraft, in seinem Leben etwas anzupacken.
Eiweiß ist ein weiterer wichtiger Teil unserer artgerechten Ernährung. Eiweiß baut die Muskeln auf und macht satt aber auch hier gibt es noch weitere Effekte. Eiweiß wirkt im Gehirn sofort appetitmindernd. Es macht uns besser gestimmt und sogar toleranter. Man konnte nachweisen, dass Richter nach den Mahlzeiten tolerantere Urteile fällen, als vor den Mahlzeiten. Dafür ist es übrigens egal, ob es pflanzliches oder tierisches Eiweiß ist.
Dennoch sind Gemüse und Eiweiß in unserer traditionellen Ernährung eher unterrepräsentiert. Übergewicht ist also zu einem Gutteil kulturbedingt.
Unser Körper hat seinen eigenen Kopf
Zu den Ursachen von Übergewicht fallen auch unsere Erbanlagen. Etwa 75 Prozent unserer Gesundheit werden durch die Gene mit beeinflusst. Das betrifft natürlich auch das Übergewicht. Asiaten, Afrikaner und viele Wüstenvölker sind anfälliger für Diabetes. Aber die übrigen 25 Prozent, die von unserem Verhalten bestimmt werden, werden in unserer Gesellschaft immer wichtiger, weil wir immer mehr falsch machen.
Gleichzeitig ist unser Körper evolutionär auf Konservierung von Energie ausgelegt. Um möglichst viel Energie zu speichern, akzeptiert unser Körper das jeweils erreichte Gewicht als das neue Idealgewicht, das er versucht zu halten.
Wer nach der Kreuzfahrt 96 Kilo statt vorher 91 Kilo wiegt, dessen Körper schüttet sofort Hungerhormone aus, wenn er unter 96 Kilo kommt. Die sorgen dann wieder für mehr Essen.
Dasselbe Prinzip greift auch, wenn wir abnehmen wollen und wir unsere Ernährung umstellen oder eine Diät machen. Aber nach ein bis zwei Monaten Diät passiert noch etwas anderes. Der Körper beginnt, Energie zu sparen und schaltet in den Energiesparmodus. Dann verbraucht er 10 bis 20 Prozent weniger Energie. Und spätestens dann stoppt die Gewichtsabnahme und stagniert.
Ballaststoffe und Bakterien bestimmen im Darm
Ein weiterer Grund dafür, dass wir nicht abnehmen, liegt in unserem Darm. Tatsächlich wissen wir noch wenig über die Wirkungsweise des Darms, aber was wir wissen, ist hochinteressant. Im Darm sind eine Menge Bakterien angesiedelt, die unsere Nahrung verdauen.
Diese Ansammlung von Bakterien ist bei jedem Menschen eine etwas andere. Man nennt sie das Mikrobiom. Es beeinflusst alle unsere Körperfunktionen und Krankheiten mit und verarbeitet sogar Medikamente, die je nach Zusammensetzung des Mikrobioms anders wirken.
Die Darmflora ist durch unsere Essgewohnheiten beeinflussbar und kann sich durch schlechtes Essen so weit verändern, dass sie Übergewicht sogar fördert. Wichtig für eine gesunde Darmflora sind ausreichend Ballaststoffe, die ein Großteil der Bevölkerung in nicht ausreichender Menge zu sich nimmt.
Dieser Ballaststoffmangel schädigt unsere Darmflora nachhaltig und fördert die Entstehung von Übergewicht, lässt uns schneller altern und fördert die ganze Bandbreite der Arterienverkalkung und alle anderen Zivilisationskrankheiten enorm.
Es sind also auch unsere Gene und unsere Physiologie, die schuld daran sind, dass wir dick werden.
Diätpillen und falsche Versprechen
Ein weiterer Grund, warum Menschen nicht abnehmen, ist, weil sie auf falsche Versprechen hereinfallen. Eine Menge Pulver und Zauberpillen versprechen eine schnelle Gewichtsabnahme. Natürlich klingt das attraktiv.
Viele dieser Diätmittel sind eine krude Mischung aus Schilddrüsenhormonen, Diabetesmedikamenten und Koffein, die das Herz zum Rasen bringen. Sie sind entweder gar nicht wirksam oder es gibt keine Studien, die eine Wirksamkeit belegen. Einige sind sogar gefährlich.
Am besten schneiden da noch die Fettabsorber ab, die Fett aufnehmen. Aber die unterscheiden nicht zwischen verschiedenen Fetten und filtern die guten Omega-3-Fettsäuren direkt mit heraus. Oft spülen sie auch fettlösliche Vitamine aus dem Körper und verursachen Durchfall.
Es gibt Appetitzügler, die verschreibungspflichtig waren und vom Markt verschwunden sind, weil sie schwere Herzkomplikationen verursacht haben. Außerdem wirken die Mittel, wenn sie denn wirken, immer nur solange man sie einnimmt. Sobald sie wieder abgesetzt werden, tritt der JoJo-Effekt ein.
Diäten sind unwirksam und verursachen oft noch mehr Übergewicht
Wer nicht abnehmen kann, weil er auf Diätpillen und dergleichen vertraut, der wird keinen Erfolg haben, weil er auf eine unwirksame Methode hereingefallen ist.
Zu den unwirksamen Methoden gehören auch fast alle Diäten. Man nimmt ab, weil man verzichtet. Aber niemand will sein Leben lang auf Dinge verzichten, die ihm Spaß machen. Irgendwann beendet man die Diät und dann kommt das Gewicht wieder. Falsche Versprechen und schlechte Medikamente können also ebenfalls Ursachen von Übergewicht sein.
Low-Carb und Low-Fat Diäten sind nicht unwirksam, aber irreführend. Die Studienlage ist da ganz klar: Es gibt keinen wesentlichen Vorteil von Low-Fat oder Low-Carb. Es kommt auf den individuellen Umbau an. Wenn man sich genau anschaut, wer mit Low-Fat und wer mit Low-Carb gut abgenommen hat, dann stellt man fest, dass beide Gruppen weniger schlechte Fette zu sich genommen und auf raffinierte Kohlenhydrate, also fein gemahlenes und Zucker verzichtet haben.
Bei beiden Gruppen kommt es also darauf an, das jeweils Ungesunde wegzulassen. Das gilt aber grundsätzlich. Da ist die Überschrift Low-Fat oder Low-Carb irreführend.
Mehr zu Low-Carb und Low-Fat-Diäten gibts hier: Wie gesund sind Low-Carb- und Low-Fat-Diäten?
Erst verzichten und dann der JoJo-Effekt
Etwas Ähnliches gilt für Monodiäten, bei denen man für einen gewissen Zeitraum nur ein bestimmtes Nahrungsmittel zu sich nimmt. Kohlsuppe bei der Kohlsuppendiät zum Beispiel. Diese Monodiäten spiegeln letztlich das mangelhafte Wissen des letzten Jahrhunderts wider. Diäten funktionieren immer nur dadurch, dass sie die normale Ernährungsweise des Menschen unterbrechen. Sie stellen lauter Verbote und Gebote auf und natürlich nimmt man zunächst ab. Wer das aber zwei Monate lang gemacht hat, hat bald keine Lust mehr und dann lässt man es sein. Und sofort ist der JoJo-Effekt wieder da.
Für Diäten gilt also in vielen Fällen dasselbe wie für die vielen Zaubermittel: Wenn sie wirken, dann nur solange man sie umsetzt. Wer dann wieder auf sein altes Gewicht zurückfällt, gibt sich selbst die Schuld daran, obwohl die Methode mangelhaft war.
Wir sind nicht selbst schuld, wenn wir dick werden
Wer nicht abnehmen kann, muss also nicht selbst schuld daran sein. Oft sind es die Umstände, die eigene Physiologie oder geschicktes Marketing für betrügerische Produkte, die für Misserfolge sorgen. Die Lebensmittelindustrie trägt ihr Übriges dazu bei, dass immer mehr Menschen übergewichtig und ungesund leben.
Wer gesünder leben und abnehmen will, sollte sich also Gedanken darüber machen, welche Fehler er beim Essen macht. Das ist entscheidend, denn jeder macht andere Fehler, deshalb gibt es keine Methode, die für alle gleich wirksam ist.
Wir müssen unsere Fehler im Essverhalten finden
In unserer Ernährungsberatung im Medicum schauen wir uns also zuerst die Essgewohnheiten unserer Patienten an und finden dann die Fehler, die der Patient gemacht hat. Eine gute Ernährungsberatung geht den individuellen Ursachen von Übergewicht auf den Grund und findet sie. Genauso geht übrigens auch die myFoodDoctor-App vor.
Mehr dazu wie die App funktionert: Die myFoodDoctor-App
Es gibt ein paar Fehler, die fast alle machen. Wer seine groben Ernährungsfehler identifiziert hat, der sollte sich dann nur auf einen einzigen Fehler konzentrieren. Auf den, der den meisten Schaden verursacht. Oft ist das ein zu hoher Zuckerkonsum oder häufiges Snacken.
Wir gehen da nach dem 20:80-Prinzip vor. Das kennt jeder Kaufmann. Unternehmen machen mit 20 Prozent ihrer Kunden 80 Prozent ihres Umsatzes. Genauso machen wir es auch in unserer Ernährungsberatung.
Kleine Schritte führen zu großen Erfolgen
Wir ändern nur 20 Prozent der Fehler und zwar die, die den meisten Schaden verursachen.
Oft ist das der zu hohe Zuckerkonsum oder zu wenig Gemüse. Wenn das dann sitzt, gehen wir den nächsten Fehler an. So bekommt man dann nach und nach seine Essgewohnheiten unter die Füße und isst viel bewusster und gesünder.
Es ist ganz wichtig, dass es kleine Schritte sind, denn mit kleinen Schritten erreichen wir am Ende mehr als mit großen Schritten. Mit großen Schritten stolpert man nur. Dann bleibt alles beim Alten. Das gilt übrigens für alle menschlichen Verhaltensweisen.
Das eigene Übergewicht ist also nicht allein auf undiszipliniertes Essen zurückzuführen. Ganz oft sind wir eben nicht selbst schuld, wenn wir zu dick werden oder nicht abnehmen können. Wir sind aber sehr wohl dafür verantwortlich, gesünder zu werden. Der erste Schritt dazu ist, sich die eigene Ernährung anzuschauen und dann Schritt für Schritt anzupacken. Ich empfehle dafür die myFoodDoctor-App.
Zusammenfassung vom Food-Doc
- Die Ursachen von Übergewicht sind vielfältig. Es ist nicht immer bloß mangelnde Disziplin und schlechte Ernährung.
- Übergewicht ist immer ungesund. Auch wer sich mit seinem Übergewicht jetzt noch wohl fühlt wird irgendwann Beschwerden haben, die auf zu viel Körperfett zurückzuführen sind.
- Die Lebensmittelindustrie züchtet und verarbeitet Lebensmittel so, dass sie gut verkauft werden können, nicht unbedingt, um gesunde Ernährung zu fördern.
- Für eine artgerechte Ernährung ist das richtige Verhältnis von Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten wichtig. Wir müssen wieder zurück dahin, dass dieses Verhältnis passt. Menschen, die sich entsprechend ernähren, leben im Schnitt länger und gesünder.
- Unser Essen beeinflusst auch unsere Laune und die wiederum beeinflusst unser weiteres Essverhalten. Es ist also ein Kreislauf, der sich immer weiter verstärkt; bei guter Ernährung zu mehr positiven Effekten und bei schlechter Ernährung zu einer immer schlechteren Gesundheit.
- Unser Körper speichert das aktuell erreichte Höchstgewicht als neues Idealgewicht ab. Das macht es schwer abzunehmen, weil das gegen die Energiesparsamkeit des Körpers geschehen muss. Hungerhormone sind der natürliche Weg des Körpers, dieses neue Idealgewicht zu halten.
- Das Mikrobiom im Darm spielt eine erhebliche Rolle beim Abnehmen. Es wird bereits in der Kindheit durch frühkindliche Ernährung geprägt und wird durch Lebensstil und Ernährung weiter beeinflusst. Wir wissen noch nicht viel über den Darm, aber was wir wissen ist, dass Ballasstoffe dem Darm helfen, seine Aufgabe zu erfüllen.
- Die meisten Diätmittel sind unwirksam oder sogar blanker Betrug. Selbst wenn sie wirken, tun sie das nur solange wie sie eingenommen werden. Wer auf diese Methoden vertraut, ist nicht selbst schuld, wenn er nicht abnimmt, sondern die unwirksame Methode.
- Wer abnehmen will muss seine Fehler im Essverhalten finden und die nach einander angehen. Nachhaltiges Abnehmen funktioniert nur über eine Lebensstiländerung.
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