Pestizide sind ein weltweit bewährtes Mittel zur Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft. Rückstände der Pestizide werden nicht nur in unserem Essen, sondern auch im menschlichen Urin nachgewiesen. Die Sorge um die Gesundheit der Konsumierenden ist berechtigt, doch viel schlimmer trifft es die Arbeitenden in der Landwirtschaft. Lasst uns heute einen Blick darauf werfen.

Was sind Pestizide?

Das Wort Pestizid bedeutet nichts anderes als Pflanzenschutzmittel. Diese können Chemikalien oder Mikroorganismen darstellen und sollen nicht nur Tiere wie Insekten, Spinnentiere oder Vögel daran hindern, den Pflanzen oder deren Erzeugnissen zu schaden, sondern auch andere Lebewesen wie Bakterien, Pilze, andere Pflanzen wie beispielsweise Algen sowie Nicht-Lebewesen wie Viren. Je nachdem, welche dieser Gruppen es betrifft, nennen sie sich Insektizid, Fungizid, Herbizid etc. Die Endung -zid deutet auf das Töten, Vertreiben oder Hemmen dieser als Schädlinge angesehenen Lebewesen und Nicht-Lebewesen. Die Hemmung besteht darin, sie an ihrem Wachstum oder an ihrer Vermehrung zu hindern. Das bedeutet, dass sie gravierend in die Umwelt und das Ökosystem eingreifen und somit nur mit Bedacht eingesetzt werden sollten. Darauf gehen wir jedoch ein anderes Mal gesondert ein.

Die tägliche Dosis Pestizide

Bekanntermaßen ist Bio-Obst und -Gemüse gesünder als konventionelles, mit Pestiziden bearbeitetes, da es zum einen mehr Nährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe enthält. Zum anderen können Sorgen um Pestizidrückstände in unserem Essen berechtigt sein. In konventionell angebautem Obst und Gemüse sind stets Pestizidrückstände zu finden. Als besonders belastet gelten alle Sorten mit dünner Schale wie z.B. Erdbeeren, Weintrauben, Nektarinen oder Spinat, Sellerie und Salat.

Gerade in Futtermitteln für die Tiere der Fleischerzeugung sind diese Rückstandsmengen höher als gewöhnlich. So kommt es, dass eben auch in jenem Fleisch die Rückstände gefunden werden. Daher ist es auch keine Überraschung, dass in menschlichem Urin diese Spuren ebenfalls messbar sind. Diese liegen zwar zuverlässig unter den in der EU festgelegten Höchstmengen. Das heißt die Toxizität bzw. Giftigkeit der Pestizide ist bekannt. Daher wird diese im Tierversuch untersucht, um den Wert zu finden, ab dem die tägliche Aufnahme schädlich wird und nicht überschritten werden sollte. Diese Höchstmengen werden auch regelmäßig kontrolliert.

Doch auch wenn die Pestizidrückstände in den aufgenommenen Mengen nicht direkt toxisch wirken, ist es nicht auszuschließen, dass sie eine indirekte negative Auswirkung auf uns bzw. unsere Darmflora haben könnten wie im Tierversuch. [1]

Allgemein gibt es sehr viele verschiedene Pestizide und zu wenig Daten für sichere Aussagen. So fehlen Langzeituntersuchungen am Menschen und Studien über mögliche Wechselwirkungen von verschiedenen Rückständen im Essen, was auch als  ‚Cocktail-Effekt‘ bezeichnet wird. Daher kann es nicht schaden, deine tägliche Menge an aufgenommenen Pestizidrückständen zu minimieren und Bio-Gemüse zu kaufen. Möchtest du mehr über Bio-Siegel wissen, schaue hier vorbei: die grüne Welt der Biosiegel.

Das heißt, für uns in Europa und anderen reichen Ländern besteht ein gewisses, jedoch begrenztes Risiko durch Pestizidrückstände, doch anderswo, wie im globalen Süden, besteht ein viel größeres, direkteres Risiko, das schon jetzt sehr sichtbar ist. Darum soll es im Weiteren gehen.

Dem Vorsorgeprinzip nach solltest du die besonders pestizidbelasteten Sorten an Obst und Gemüse wie Erdbeeren und Salat besser in Bioqualität kaufen.

Gesundheitliche Folgen des Pestizideinsatzes

Der direkte Kontakt mit Pestiziden kann nicht nur Insekten bis hin zu kleinen Säugetieren töten, sondern auch beim Menschen zu akuten Vergiftungen führen. Jedes Jahr erkranken etwa 385 Millionen Menschen weltweit an Pestizidvergiftungen durch den direkten Kontakt, gerade in Entwicklungsländern Afrikas und Asiens. [2] Denn dort gelten weit weniger strenge Bestimmungen als hierzulande. So sind dort einerseits noch Pestizide zugelassen, die in Europa längst vom Markt genommen wurden, andererseits kommen kaum Kontrollen zum Einsatz. Oft existieren nicht einmal Schutzmaßnahmen, wie angemessene Arbeitskleidung, die kontrolliert werden könnten. Existiert diese doch, wird sie aus Unwissenheit und fehlender Aufklärung nicht getragen bzw. kann nicht zwischen Arbeits- und Wohnbereich getrennt aufbewahrt werden. Der sichere Umgang mit den Sprühgeräten wird ebenfalls kaum geschult. So kommt es dazu, dass Arbeiter und Arbeiterinnen auf Feldern ohne Schutzkleidung durch Sprühflugzeuge in den direkten Kontakt mit den Pestiziden kommen.

Die darauf folgenden akuten Vergiftungen führen zu Symptomen wie Kopf- und Gliederschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Doch im schlimmsten Fall können auch Organe wie Herz, Lunge und Nieren versagen, was sogar zum Tod führen kann. Besonders gefährdet sind dabei Landarbeiter und Landarbeiterinnen, die täglich mit Pestiziden in Kontakt kommen. [2]

Doch nicht nur akute Vergiftungen bedrohen Landarbeiterinnen und Landarbeiter. Der regelmäßige Kontakt zu verschiedenen Pestiziden kann auch zu chronischen Krankheiten wie Asthma, Adipositas, Diabetes Typ 2 und verschiedenen Krebserkrankungen, wie Leber- und Brustkrebs oder dem Non-Hodgkin-Lymphom führen. Das bekannteste und am häufigsten verkaufte Pestizid Glyphosat wurde nach tausenden Klagen nach Krebserkrankungen gegen den Konzern Bayer und mehreren Studien durch die WHO-Krebsforschungsagentur (IARC) als wahrscheinlich krebserregend (Kategorie 2A) eingestuft.

Mittlerweile wird auch Parkinson als Berufserkrankung im Umgang mit Pestiziden betrachtet. Sogar Fehlbildungen, Frühgeburten und Wachstumsstörungen können gerade in Gebieten mit starker Pestizidbelastung auftreten, da sie auch das Hormonsystem beeinträchtigen können. [2]

Neben diesen bereits prekären Arbeitsbedingungen kommt es jedoch auch häufig genug zu Unfällen aufgrund fehlender Sicherheitsvorkehrungen. So kam es in der Vergangenheit beispielsweise in Indien schon zu Vergiftungen vieler Menschen, über denen fälschlicherweise ein Sprühflugzeug statt über den vorgesehenen Feldern Insektizide versprühte. Bei einem weiteren Unfall führte ein mit Pestiziden verunreinigtes Speiseöl zum Tode einer ganzen Schulklasse. [2]

Ein weiteres Problem besteht darin, dass Pestizide nicht nur auf den landwirtschaftlichen Flächen bleiben, sondern auch in die Umgebung gelangen können. Durch Verunreinigung von Lebensmitteln, Trinkwasser und der Luft können auch Menschen außerhalb des Agrarsektors gefährdet sein.

Pestizidlos – Gesünder für alle

Pestizide haben so schwerwiegende Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt, sodass es allein für den Umweltaspekt einen eigenen Artikel benötigt. Akute Vergiftungen, chronische Krankheiten und selbst der Tod sind die Folgen des übermäßigen Einsatzes von Pestiziden bei den Bäuerinnen, Bauern, Landwirtinnen und Landwirten, die dieses Risiko eingehen, um das Essen auf unsere Teller zu bringen. Doch es geht anders. Es gibt eine ökologische Landwirtschaftsführung, bei der vollständig auf Pestizide verzichtet werden kann. Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine gesunde Ernährung für dich ist auch gesünder für die Erzeugerinnen und Erzeuger sowie für die Umwelt und das Ökosystem, dafür lohnt sich auch der etwas tiefere Griff in die Tasche.

Ohne Maske oder andere Schutzkleidung wird das Pestizid auf die Felder ausgebracht.

Quellen

[1] Aitbali, Yassine; Ba-M’hamed, Saadia; Elhidar, Najoua; Nafis, Ahmed; Soraa, Nabila; Bennis, Mohamed (2018): Glyphosate based- herbicide exposure affects gut microbiota, anxiety and depression-like behaviors in mice. In: Neurotoxicology and teratology 67, S. 44–49. DOI: 10.1016/j.ntt.2018.04.002

[2] Pestizidatlas. Daten und Fakten zu Giften in der Landwirtschaft (2022). 1. Auflage. Paderborn: Heinrich Böll Stiftung.

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